Presseartikel

aus dem Garmisch-Partenkirchner Kreisboten:


26.06.2004: "Der Anfang vom Ende III"
Mit den zahlreichen Verbindungen, die Ingeborg Hoffmann, die Freundin und spätere Frau von Michael Ende, besitzt, gelingt es Michael Ende in der Schwabinger Boheme Fuß zu fassen. Vor allem die politisch- literarischen Kabaretts, die gerade in München Hochkonjunktur besitzen, bedient er mit Texten. Sein Sketch, in Form eines Interviews mit der Büste von Friedrich Schiller, zu dessen 150-jährigen Todestag, den er für das Kabarett "Die kleinen Fische" unter der Leitung von Therese Angehoff schreibt, beschert ihm 1955 ein bescheidenes Einkommen und einen gewissen Bekanntheitsgrad. Dieser ermöglicht ihm auch öfters am Volkstheater in München Regie zu führen. Auch die Filmkritiken, die er ebenfalls auf Vermittlung von Ingeborg für den Bayerischen Rundfunk ab 1954 verfasst, gestatten ihm Erfahrungen in der Stoffgestaltung und in der Erzähltechnik zu gewinnen, die für seine späteren Werke sehr hilfreich sind. Doch letztendlich bleibt sein Verdienst so gering, dass er rückblickend in einem Interview 1982 sagt: "Meine finanziellen Umstände waren so finster, dass ich meine Miete nicht mehr bezahlen konnte. Ich musste von einem halben Liter Milch und ein paar Semmeln leben. Mir ging es hundsmiserabel in jeder Hinsicht". Glücklicherweise verbessert sich das Verhältnis zu seinem Vater, der ja die Familie verlassen hatte, und die Gespräche und Diskussionen mit ihm über das Verhältnis von Literatur und Malerei stärken ihn und führen dazu, dass er seinen Vater in all dessen Unternehmungen unterstützt. 1956 fährt er gemeinsam mit dem Kameramann Bodo Blüthner im Auftrag des Bayerischen Rundfunks nach Süditalien. In Palermo auf dem großen Platz vor dem königlichen Schloß beeindrucken und faszinieren ihn die "Cantastorie", die Geschichtenerzähler, die gegen geringe Bezahlung Verse und Heldengesänge von den sizilianischen Nationalhelden vortragen. Dieses Erlebnis gilt als sein künstlerisches Schlüsselerlebnis: "...das ist ein Ziel..., dass hundert Jahre nach meinem Tod meine Geschichten in Palermo von Geschichtenerzählern auf der Straße erzählt werden können. ..." schreibt er 1985 in "Die Archäologie der Dunkelheit". Auch die Begegnung mit einem ehemaligen Schulkameraden, einem Grafiker, der 1958 um einen mehrseitigen Text für ein Bilderbuch bittet, bleibt nicht ohne Folgen.

Von Franz Wörndle